Begegnungen über Grenzen hinweg
Auszeichnung – Neunköpfige Familie aus Kranichstein erhält Integrationspreis der Heinrich-Emanuel-Merck-SchuleFamilie Nguyen ist am Mittwoch in die Heinrich-Emanuel-Merck-Schule gekommen, um den „Cross Cultural Competence Award“ entgegenzunehmen. Die neunköpfige Familie bietet in Kranichstein in Kooperation mit dem SV Blau-Gelb Kampfsportkurse an. Mit ihrem Verein „Vovinam Viet Dao“ sind sie zudem kulturell aktiv.
Ob die Farbgebung ihrer traditionellen Kleider in blau und weiß eine
Referenz zum örtlichen Fußballverein darstellt? „Nein“, sagt Sabrina Nguyen (21)
und lacht. „Aber das ist ein guter Zufall“, ergänzt ihre zwei Jahre jüngere
Schwester Lisa lächelnd. Das Blau stehe in dem Fall viel mehr für Hoffnung.
Deutsche Vornamensind weniger kompliziert Doch auch ohne Bekenntnis zu den Lilien-Kickern machen die Schwestern einen äußerst integrierten Eindruck. Dabei fällt zweierlei auf: Die beiden Wirtschaftsstudentinnen sprechen sehr gewählt und druckreif. Und: Sie haben deutsche Vornamen. „Damit es für die Menschen hier einfacher ist“, klärt Sabrina auf. Zwar hätten sie auch vietnamesischen Namen, doch seien die zu kompliziert. Und das Namenzugeständnis sei auch ein Ausdruck der Integration.
„Wir sind Vietnamesen, das ist unsere Herkunft“, betont Sabrina
einerseits, wie alle ihre Geschwister in Deutschland geboren. „Aber uns ist auch
wichtig, dass man hier gut zurechtkommt.“ Sie fühlten sich in beiden Kulturen zu
Hause, ergänzt Lisa. Und der Vielvölkerstadtteil Kranichstein sei als Wohn- und
Einsatzort „durch seine Multikulturalität sehr passend für Integration“.
„Viele bemerkenswerte Begegnungen über Grenzen hinweg“, attestiert
in seiner Laudatio der katholische Religionslehrer Martin Senz der Familie von
Vater van Nhàn und Mutter Xuan Binh. Er erinnert an die Flucht des Paares aus
Vietnam nach der kommunistischen Machtübernahme 1982 als Boatpeople nach
Deutschland und wie sie ab 1997 dann in Darmstadt heimisch wurden.
„Leben, leben lassen, Werte vermitteln, Zeit für andere haben“, das
mache Nguyens zum Vorbild. Dabei gehöre die buddhistische Ahnenfeier genau so zu
ihrem Leben wie der Umgang mit Smartphones.
„Integration heißt auch, Bildungschancen wahrzunehmen“, befindet
Senz und merkt an, dass alle Nguyen-Kinder eine Hochschule oder das Gymnasium
besuchten. „Ohne intakte Familien wird Integration nicht gelingen, weder von
Ausländern noch von Inländern.“
Integration ist auchim
Berufsleben wichtig
Wie wichtig das ist, betont auch Schulleiter Kurt Kiesel. „Wir sind hier ein
Stück der Welt.“ Schüler aus 21 Nationen besuchten die Merckschule. Und
Integration diene dabei nicht nur dem friedlichen Miteinander an der Schule, sie
sei auch im Berufsleben wichtig. „Ohne Interkulturalität geht das gar nicht
mehr“, ergänzt Martin Senz und begründet damit auch das Zustandekommen des von
ihm geleiteten Projekts „Trialog der Kulturen“, aus dem der nun zum zweiten Mal
verliehene Integrationspreis hervorgegangen ist.
„Jeder muss sich mit dem Thema auseinandersetzen“, betont Samuel
Kießl, der als Schüler in Senz‘ Trialogkurs zum Thema „Suchet der Stadt Bestes“
dabei war. Das gelte etwa auch, wenn man neu einem Sportverein beitrete oder
eine neue Stelle anfange. Auch der Auftritt der afrikanischen Musiker sei ein
Integrationsbeispiel gewesen: „Die haben uns in die Musik integriert, wir waren
dabei, da hat man nicht so viel Angst.“
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